Als vor 10 Jahren die aktuelle Polizeiverordnung beschlossen wurde, war eine Sache bekannt: sie läuft (allerspätestens) am 08.02.2020 aus. Und bekannt ist eigentlich auch: Polizeiverordnung ist eine kontroverse Sache. Da hätte man ja, die Debatte vorhersehend, den Entwurf schon ein paar Monate vorher einbringen können. „Nix da!“ dachte sich die Verwaltung und brachte ihn erst Mitte Dezember ein. Nach einer durch Geschenke und Geböller verkürzten Debatte und viel Kritik wollten die Grünen schlussendlich heute nicht: vertagen hieß der Antrag gleich zu Beginn der Sitzung. Nach einigen Warnungen (OB Jung: „Dann rutschen wir in einen gesetzlosen Zustand!) und Kritik (die AfD: „Das sie sich damit beschäftigen konnten sieht man doch an ihren Änderungsanträgen!“) war es absurderweise dann ausgerechnet die AfD, die zuvor kritisiert hatte, die dem Antrag zur Mehrheit verhalf. Meine Theorie: die hatten keinen Plan worüber abgestimmt wird.
Wer sich jetzt drauf gefreut hat, dass es ab 9. Februar keine Polizeiverordnung mehr gibt und man dann ohne Bußgeld im Park seine Notdurft verrichten kann oder nach 22 Uhr fett Party auf dem Augustplatz machen kann, der wird enttäuscht sein, denn Herr Jung kündigte prompt an am 29. Januar, im Anschluss an die Fortsetzung der heutigen Sitzung, eine Sondersitzung im Eilfall einberufen zu wollen, auf der die Polizeiverordnung grad noch rechtzeitig beschlossen werden könnte.
Es sollten noch einige spannende Debatten folgen und selten habe ich so eine absurd-komische Stadtratssitzung erlebt.
Die von Thomas Kumbernuß beantragte Umbenennung der Arndtstraße führte zu eine Debatte darum, ob die Tatsache, dass jemand Künstler und Demokrat war, es rechtfertig, dass er auch Nationalist, Rassist und Antisemit war. Eine knappe Mehrheit entschied sich am Ende dafür den Antisemiten Arndt aus dem Stadtbild zu entfernen und die Straße in Hannah-Arendt-Straße umzubenennen.
Weitere sinnvolle Beschlüsse der Sitzung (und der Nachholsitzung):
- die Stadt setzt sich auf Antrag der für die Erhaltung des Beratungszentrums Essstörung Leipzig ein
- eine Brücke in Leipzig wird nach Georg Elser benannt
- es wird 2021 einen autofreien Tag in Leipzig geben
- auf der Webseite der Stadt Leipzig werden Informationen zu Ärzt*innen bereitgestellt, die Abtreibungen vornehmen
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